EDCINE – EU Forschungsprojekt für digitale Archivierung

Im EU-Projekt EDCINE (Enhanced Digital Cinema) arbeitet das Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS zusammen mit weiteren europäischen Mitgliedern an der Entwicklung und Erprobung eines Konzeptes für ein digitales Filmarchiv, das die beiden Grundprobleme der Langzeitarchivierung digitaler Daten und des Zugriffs auf Archivmaterial adressiert.

Motivation und Ausgangssituation

Kombiniertes Logo EU, EDCINE, Information Society Technologies

Der größte Teil der Filme aus Archiven wird dort in ihrem ursprünglichen Format, d.h. in der Regel als 35mm- oder 16mm-Filmmaterial gelagert. Nur für einen geringen Teil der archivierten Filme existieren so genannte Zugriffskopien, die von den Nutzenden eines Archivs angefordert werden können. Diese liegen auf Film oder in einem Videoformat vor. Jedoch ist auch die Erstellung und Handhabung dieser Zugriffskopien aufwändig und kann in vielen Fällen nicht die volle Qualität des Originals wiedergeben.

Um die Nutzungsmöglichkeiten dieses Filmmaterials in den Archiven zu verbessern, ist deshalb deren Digitalisierung erstrebenswert. Zudem wird in Zukunft immer mehr bereits digitales Material zur Archivierung vorliegen, was den Umstieg in ein digitales Archiv nötig machen wird. Durch die immaterielle Natur digitaler Daten können beliebig viele Zugriffskopien höchster Qualität erstellt werden, die auf einfache Art und Weise verbreitet werden können.

Digitale Systemarchitektur

Bei der Digitalisierung von Filmmaterial und der digitalen Produktion von Kinofilmen fallen enorme Datenmengen an, die leicht einen Umfang von mehreren Terabyte erreichen können. Um dieser Datenmenge Herr zu werden und gleichzeitig die möglichst hochwertige Langzeitarchivierung und den einfachen Zugriff zu realisieren, kommt in der vorgesehenen Architektur ein zweistufiges Modell zum Einsatz. Digital vorliegendes Material wird dabei in zwei Qualitätsstufen erzeugt und abgelegt.

Die qualitativ höchstwertige Stufe stellt das so genannte „Master Archive Package“ dar. In diesem Format können die digital vorliegenden Bilder in der Auflösung gespeichert werden, die für das analoge Ausgangsformat die bestmögliche digitale Repräsentation darstellt. Die Datenmenge wird mit einem verlustlosen Kompressionsverfahren reduziert, sie ist jedoch in der Regel immer noch zu hoch, um mit den Daten direkt arbeiten zu können. Dieses Format kann allerdings verwendet werden um beispielsweise eine digitale Restauration durchzuführen.

Um einen einfacheren Zugriff zu ermöglichen wird aus dem „Master Archive Package“ über einen automatischen Konvertierungsvorgang das so genannte „Intermediate Archive Package“ erzeugt. Dabei wird das Bildmaterial in eine möglicherweise geringere, aber feste Auflösungsstufe überführt. Um die Datenmenge in eine handhabbare Größenordnung zu bringen, wird das Material verlustbehaftet komprimiert.

Aus dem „Intermediate Access Package“ lassen sich nun automatisiert Metadaten extrahieren und in eine Datenbank für den Online-Zugriff extrahieren. Der Nutzende erhält damit die Möglichkeit, anhand der Metadaten nach Material zu suchen. Für eine Vorschau kann direkt auf die Mediendaten im Package zugegriffen werden. Hat der Nutzende den gewünschten Film gefunden, so kann er den ganzen Film oder auch nur Ausschnitte in dem für seine Anwendung am besten geeigneten Format bestellen. Ein automatischer Konvertierungsprozess erzeugt dann aus dem „Intermediate Access Package“ ein „Dissemination Package“ mit dem gewünschten Material und stellt die Dateien zum Download oder Streaming bereit. Auf diese Art und Weise können aus der gleichen Datenbasis vom Kino über Fernsehsender, die Ausschnitte für Reportagen benötigen, bis hin zum Privatanwendenden unterschiedliche Nutzendengruppen bedient werden.

Standardisierte Formate für den Archiveinsatz

Für die Langzeitarchivierung kommt nur der Einsatz von etablierten und offenen Standards in Frage, die gut dokumentiert sind. Nur so kann sichergestellt werden, dass auch zukünftige Generationen noch in der Lage sind, das archivierte digitale Material zu lesen und zu interpretieren. Für das Konzept zu digitalen Filmarchiven kommt außerdem die Forderung hinzu, dass die Konvertierung zwischen den Formaten und insbesondere vom Intermediate Access Package in das Zugriffsformat möglichst einfach und schnell machbar sein soll.

Für die Kodierung des Bildmaterials ist hier das JPEG2000-Format vorgesehen. Es ist einerseits durch seine Möglichkeiten zur skalierbaren Kodierung in Bezug auf Auflösung und Darstellungsqualität sehr gut geeignet, um einfach niedrigere Auflösungen zu gewinnen. Andererseits wurde es von der SMPTE als Kodierungsformat für das digitale Kino ausgewählt. Dadurch kann bei geeigneter Wahl der Parameter für das Intermediate Access Package mit wenig Aufwand ein Digital Cinema Package (DCP) für die Kinodarbietung erzeugt werden.

Zur Verpackung und Synchronisation der Mediendaten und zur Ablage der Metadaten zusammen mit Bild und Ton kommt MXF zum Einsatz. Hierbei handelt es sich ebenfalls um einen etablierten Standard, der für das gewählte Anwendungsgebiet die erforderliche Flexibilität bietet. So lassen sich z.B. für unterschiedliche Archive unterschiedliche Metadatenstrukturen implementieren ohne Änderungen am Gesamtsystem vornehmen zu müssen.

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