Offener Kommunikationsstandard für medizinische Geräte

Motivation

Vital Architektur
© Fraunhofer IIS
Vital Architektur

Moderne Medizin, insbesondere Intensivmedizin, erfordert das automatisierte Zusammenwirken zahlreicher Geräte zu Patientenüberwachung und Therapie. Kommunikation zwischen Geräten verschiedener Hersteller ist derzeit jedoch oft unmöglich, weil diese unterschiedliche Schnittstellen und Übertragungsprotokolle benutzen.

Offene Systemarchitekturen und standardisierte Kommunikationsprotokolle werden hier Abhilfe schaffen. Ein erstes Ergebnis diesbezüglicher Bestrebungen sind die CEN-Standards ENV 13734/35, bekannt unter dem Akronym »VITAL«, das für die Bezeichnung »Vital Signs Information Representation« des entsprechenden europäischen Normungsprojekts steht.

Das Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS treibt Entwicklung und Umsetzung dieser Standards auch auf nationaler (DIN-) und globaler (ISO 11073-)Ebene seit einigen Jahren mit voran.

VITAL – Ein offener Kommunikationsstandard

VITAL Anwendungsszenario Patientenmonitor
© Fraunhofer IIS
VITAL Anwendungsszenario Patientenmonitor

»VITAL« beschreibt die gerätetyp- und herstellerunabhängige Darstellung und Übertragung von Vitalparametern und definiert hierzu ein allgemeines Daten- und Kommunikationsmodell, um auf diese Daten zugreifen zu können. Dabei spielt die Übertragung von Vitalparametern in Echtzeit sowie die automatische Konfiguration und Abstimmung der miteinander vernetzten Geräte eine bedeutende Rolle. 

Einsatzgebiete von »VITAL« sind somit beispielsweise die Erfassung von Biosignalen eines einzelnen diagnostischen Gerätes mit Echtzeit-Kurvendarstellung an einem entfernten Display, z.B. in der Intensivstation, im Schlaflabor oder an einem Herzkatheter-Messplatz, aber auch die gleichzeitige Erfassung, Überwachung und fallweise Darstellung einer Reihe von Biosignalen mehrerer Patienten über ein Netzwerk.

VITAL-Technologie

VITAL Service-Modell
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VITAL Service-Modell

Die »VITAL«-Kommunikationsarchitektur basiert auf dem »Agent/Manager«-Konzept des ISO-Management-Systems und definiert somit die anwendungsnahen Schichten im ISO-/OSI-Schichtenmodell, insbesondere den »Application Layer«. Bei der Wahl der Protokolle für die darunter liegenden - transportorientierten - Schichten ist dadurch Flexibilität gewährleistet. Dies ermöglicht den Einsatz von »VITAL« z.B. mit Bluetooth, TCP/IP, IrDA oder anderen Übertragungssystemen.

Um automatisierte Ad-Hoc-Gerätekommunikation zu ermöglichen, müssen sämtliche kommunizierten Informationselemente eindeutig in entsprechende Codes umsetzbar sein. Hierzu bedient sich »VITAL« eines objektorientierten Informationsmodells. Eine sowohl auf »Agent«- wie auf »Manager«-Seite vorhandene »Medical Data Information Base« (»MDIB«) enthält anwendungsbezogene Instantiierungen von in diesem Modell definierten Objekten und Attributen. In einer umfangreichen Nomenklatur für sämtliche in der »MDIB« verwendbaren Modellelemente, Gerätetypen, Dimensionen und Maßeinheiten sowie medizinischen Messwerte und Zustände wurden Codes definiert, die diese eindeutig identifizieren. Um diese für Entwickler und Anwender sprachlich eindeutig zu bezeichnen, wurde ein spezieller »Systematic Name« eingeführt, der die eindeutige semantische Zuordnung auch über Fach- und Sprachgrenzen hinweg erlaubt.

Als Beispiel für die »VITAL«-spezifische Modellierung medizinischer Geräte werden ein Thermometer und eine Blutdruckuhr mit ihren Messwerten sowie patientenspezifischen Daten in einer entsprechenden Objekthierarchie dargestellt und zu einem Gesamtsystem zusammengefasst (mittlere Abbildung).

»VITAL«-kompatible Geräte lassen sich in allen denkbaren Kombinationen per »Plug-and-Play« zu interoperablen Einheiten zusammenfassen. Um den sehr unterschiedlichen Anforderungen vom Intensiv- bis zum Home-Care-Bereich gerecht zu werden, kann man die Implementierung des »VITAL«-Standards zwischen einem einfach gehaltenen und Ressourcen sparenden »Polling-Mode Profile« bis hin zum maximale Flexibilität bietenden »Base-Line-Profil« skalieren. Dabei legt »VITAL« grundsätzlich nur das Kommunikations-verhalten fest und überlässt die konkrete Gestaltung von Implementierung und Anwendung dem Programmierer. Bei der Informations-Modellierung gängiger Geräte bzw. Gerätefunktionen (z.B. EKG) leisten dabei korrespondierende »Device Profile«-Standards Hilfestellung, um Interoperabilität sicherzustellen.

Nutzen für Anwender und Gerätehersteller

Anwender können mit »VITAL« ein System aus von ihnen bevorzugten Geräten verschiedener Hersteller zusammenstellen. Geräteherstellern wird die Erweiterung ihres Geräteportfolios vereinfacht. Durch überschaubare Software-und Hardware-Erweiterungen können bestehende »Stand-Alone«-Messgeräte netzwerkfähig gemacht und so in Netzwerke eingebunden werden, dass sich Korrelationen zwischen verschiedenen Patientendaten zur Detektion kritischer Zustände leichter erkennen lassen.

Was wir bieten

Das Fraunhofer IIS bietet eine breite Vielfalt kundenbezogener Leistungen für Hersteller medizinischer Geräte und Informationssysteme, um Konnektivität und Interoperabilität herzustellen und weiterzuentwickeln. Entsprechende standardbasierte Bausteine stehen für ISO/IEEE CEM 11073 »VITAL« auf Lizenzbasis zur Verfügung. Wir bieten Dienstleitungen in den Bereichen Engineering und Systemintegration, Anwendungsentwicklung sowohl auf Standardplattformen als auch für »Eingebettete Systeme« sowie Leistungen und Werkzeuge für Konformitäts- und Interoperabilitäts-Untersuchungen. Dabei können wir auf unsere umfangreiche Erfahrung auf vielen Gebieten der Software- und Chipentwicklung zurückgreifen

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