Panoramablick in die Speiseröhre

Die Herausforderung

Zur Untersuchung und Befundung des oberen Gastrointestinaltrakts (Magen und Speiseröhre) wird heute die Videoendoskopie eingesetzt. Um das Verfahren zu dokumentieren, wird üblicherweise auf repräsentative Einzelbilder sowie auf Videosequenzen zurückgegriffen. Aufgrund der engen Geometrie der Speiseröhre und der Bauform von Endoskopen ist das Sichtfeld während der Untersuchung jedoch stark eingeschränkt. Hinzu kommt, dass der jeweils sichtbare Ausschnitt wenig Kontextinformationen liefert. Ungleichmäßige Ausleuchtung stellt dabei ein zusätzliches Hindernis dar.

Unsere Lösung: TubeStitcher

TubeStitcher - Panorama-Dastellung der Speiseröhre
© Fraunhofer IIS
Abb. 1a: Endoskopisches Bild einer Speiseröhre mit markierten Details, Abb. 1b: Entsprechendes Panoramabild mit übernommenen Details, Abb. 1c: Vergrößertes Panoramabild
TubeStitcher - Panorama-Darstellung der Speiseröhre
© Fraunhofer IIS
Abb. 2: Panorama-Bild einer Speiseröhre mit markierten Details (Mitte), ursprüngliche Einzelbilder mit Hervorhebung der jeweiligen Struktur (links und rechts)

Um gastroskopische Untersuchungen zu erleichtern und die Möglichkeiten zur Bilddokumentation der Speiseröhre zu verbessern, wurde am Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS eine Methode entwickelt, mit der sich auf Basis von endoskopischen Videodaten sowohl zweidimensionale Panoramaansichten als auch eine 3D-Rekonstruktion der Speiseröhre erstellen lassen. Als Eingabedaten dienen Videoaufnahmen von der Speiseröhre, die entstehen, während das Endoskop mit konstanter Geschwindigkeit aus dem Magen nach oben gezogen wird (vgl. Abb. 1a). Die »TubeStitcher«-Software verwandelt diese Sequenzen einzelbildweise in eine zweidimensionale, statische Panoramadarstellung der Speiseröhrenwand – etwa, als würde eine Papierrolle aufgeschnitten und flachgedrückt.

In der so erzeugten Ansicht wird jede Bildzeile einer Gruppe von Pixeln zugeordnet, die eine Stelle in der Speiseröhrenwand zu einem bestimmten Zeitpunkt abbildet.Während das Endoskop nach oben gezogen wird, verwandelt sich mit jedem Einzelbild eine weitere Gruppe solcher Pixel in eine neue Bildzeile im Panoramabild. Dabei werden die Bildzeilen automatisch sinnvoll angeordnet; d.h., Zeilen am unteren Bildrand entsprechen Einzelbildern vom unteren Ende der Speiseröhre und Zeilen am oberen Bildrand entsprechen Einzelbildern von Stellen in der Nähe des Kehlkopfs (vgl. Abb. 1b).

Sobald aus den Videodaten ein solches Panoramabild erstellt worden ist, ergibt sich ein völlig neuer Blick auf die Wand der Speiseröhre, denn das Bild ist nun flach und damit schnell und mühelos überschaubar, ähnlich einer Landkarte. Dargestellte Läsionen können interaktiv markiert und annotiert werden. Mit einem solchen Querverweis versehen, lassen sie sich in einem neuen Fenster leicht an der entsprechenden Stelle im unbearbeiteten, ursprünglichen Videomaterial auffinden (vgl. Abb. 2). Diese Funktion ermöglicht dem Betrachter einen unkomplizierten Wechsel zwischen der Panoramadarstellung und den ursprünglichen Videoaufnahmen. Bildzeilen im Panorama werden digital mit den jeweils zugrunde liegenden Pixelgruppen und Einzelbildern im Endoskopievideo verknüpft. Darüber hinaus kann ausgehend vom zweidimensionalen Panoramabild auch eine annähernde 3D-Rekonstruktion der Speiseröhrenwand erstellt werden (vgl. Abb. 3). Diese Rekonstruktion, die den Innenraum der untersuchten Speiseröhre wiedergibt, kann anschließend interaktiv bewegt und untersucht werden. Es ergeben sich völlig neue, interaktive Möglichkeiten, die Speiseröhre in Augenschein zu nehmen und klinisch zu beurteilen.

Endoskopische Videodarstellung der Speiseröhre mit TubeStitcher

Vorteile

TubeStitcher - Panorama-Darstellung der Speiseröhre
© Fraunhofer IIS
Abb. 3: 3D-Rekonstruktion einer Speiseröhre

Die »TubeStitcher«-Software verwandelt Videodaten, die bei einer Endoskopie der Speiseröhre gewonnen werden, in eine intuitiv beurteilbare Darstellung und verbessert die digitale Dokumentation in der Gastroskopie. Das zweidimensionale Panoramabild kann wichtige Kontextinformationen liefern und ermöglicht es, die gesamte Speiseröhre mit einem Blick abzusuchen. Dank einer digitalen Verknüpfung können relevante Bereiche im Panorama interaktiv annotiert und dann im ursprünglichen Endoskopievideo hervorgehoben werden.

 

 

Der »TubeStitcher« ermöglicht somit:

  • eine verbesserte Bilddokumentation der Speiseröhre,
  • besseren Überblick in der Diagnostik,
  • interaktive Beurteilung von Läsionen in mehreren Ansichten sowie
  • neue Möglichkeiten in der Ausbildung.

Darüber hinaus bildet die 3D-Rekonstruktion die Geometrie der untersuchten Speiseröhre im Wesentlichen ab und kann so Verformungen oder Perforierungen leichter erkennbar machen. Das Funktionsprinzip des »TubeStitcher« lässt sich auf Videosequenzen von anderen tubulären Strukturen wie etwa der Harn- oder der Luftröhre übertragen.

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