ParasiteWeb®: Zeitgemäße virtuelle Ringversuche für medizinische Labore

24. März 2023 | Interview mit Dr. Michaela Benz, Expertin für medizinische Bildverarbeitung

Die Diagnose parasitärer Infektionen erfordert besondere Expertise. Darum müssen medizinische Laboratorien regelmäßig den Nachweis erbringen, dass sie qualifiziert sind, die Parasiten zu erkennen. Normalerweise sind dazu logistisch aufwendige Ringversuche erforderlich. Bis jetzt. Mit ParasiteWeb® als digitaler Plattform können die Ringversuche nun online deutlich einfacher durchgeführt werden. Expertin Dr. Michaela Benz, deren Team an der Entwicklung beteiligt ist, erklärt die Vorteile von ParasiteWeb®. 

ParasiteWeb® ist ein Kooperationsprojekt des Fraunhofer IIS, der Nobit OHG und des Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin (BNITM). »Wir wollen mit ParasiteWeb® den großen Aufwand, der mit den bisherigen Ringversuchen einhergeht, reduzieren«, sagt Michaela Benz, Projektleiterin am Fraunhofer IIS. Diese Ringversuche sind deshalb so aufwendig, weil für jeden Teilnehmenden – die Zahl liegt in der Regel im dreistelligen Bereich – sogenannte klinische Fälle mit je ein bis zwei Parasiten-haltigen Stuhl- oder Blutproben auf Glasobjektträgern präpariert werden müssen. Dabei muss sichergestellt werden, dass alle Präparate eine ausreichende Qualität und z.B. eine genügend große Anzahl an Parasiten aufweisen. Hinzukommt die aufwendige Distribution an die Ringversuchsteilnehmenden. 

Aus diesem Grund kam die Idee, die Ringversuche virtuell durchzuführen. »Das heißt, statt all den Proben, die das Bernhard-Nocht-Institut sonst für diese Ringversuche herstellen musste, ist jetzt nur noch jeweils eine einzige erforderlich. Diese Probe digitalisieren wir mithilfe modernster Scanner und stellen sie mit unserem Lizenzpartner, der Nobit OHG, auf einer Online-Plattform zur Verfügung«, sagt Michaela Benz.

ParasiteWeb scan layout
© Fraunhofer IIS
In der interaktiven Plattform müssen die Teilnehmenden verschiedene Parasiten in den Proben identifizieren.

Finde den Parasiten im Web – Features der Plattform

Während die Zahl der klinischen Fälle pro Ringversuch bislang aufgrund des großen Aufwands auf zwei limitiert war, können nun im virtuellen Ringversuch drei und mehr Fälle mit ein bis zwei Proben angeboten werden. Bei den Proben handelt es sich beispielsweise um Blutpräparate, welche Malaria-Erreger enthalten. Die Teilnehmenden, die die Parasiten erkennen und klassifizieren müssen, können in der digitalen Probe nahtlos zoomen und interaktiv fokussieren und so die Probe detailliert, wie unter einem Mikroskop begutachten. Die digitalen Proben zeichnen sich außerdem dadurch aus, dass sie skalierbar sind und von beliebig vielen Personen genutzt werden können. Zusätzlich beinhaltet die Plattform eine direkte, automatische Evaluation der Ergebnisse sowie eine erweiterte Feedbackfunktion, mit der die Teilnehmenden ihre Ergebnisse mit den Ergebnissen der Expertinnen und Experten vom Bernhard-Nocht-Institut vergleichen können. 

Die Durchführung des Ringversuchs ist für die Anwender dabei sehr komfortabel: Die Plattform ist über einen standardmäßigen Web-Browser zugänglich und ist sogar für die Verwendung auf mobilen Endgeräten geeignet. Die Bedienung in englischer und deutscher Sprache ermöglicht auch einen internationalen Einsatz. ParasiteWeb® ist grundsätzlich kostenpflichtig, aber Interessierte haben die Möglichkeit, die Anwendung zunächst in einer Demo-Version zu testen und sich mit der Anwendung vertraut zu machen. Dabei hilft auch ein kurzer Erklärfilm, der auf der Plattform verfügbar ist.

 

»Wir punkten mit Know-How in der Medizinischen Bildverarbeitung«

In dem von der Leibniz-Gemeinschaft geförderten Projekt kommen drei starke Partner zusammen. Das BNITM ist für die Auswahl, die Bereitstellung der Proben sowie die Annotation, also die Markierung und Klassifizierung der Parasiten, verantwortlich. Dann übernimmt das Fraunhofer IIS und digitalisiert die Proben mittels hochauflösender Scans in ein Whole-Slide-Image (WSI), das das nahtlose Zoomen und Fokussieren ermöglicht. Die Gruppe um Michaela Benz kann dazu auf besonderes Know-How auf dem Gebiet der Medizinischen Bildverarbeitung zurückgreifen. »Bis jetzt haben wir schon insgesamt über 300 Proben verschiedenster Parasitenarten digitalisiert«, berichtet Michaela Benz, »wenn die ausgeschöpft sind, werden wir wieder neue anbieten.« Das Team am Fraunhofer IIS hat außerdem initial die Webplattform programmiert. »Diesen Arbeitsschritt haben wir im Laufe der Zeit nach außen vergeben und mit der Nobit OHG einen starken Partner gefunden, die die Schnittstelle zu den Kundinnen und Kunden bilden und die Weiterentwicklung und den Support übernehmen. Damit ist das Projekt ein gutes Beispiel für eine hervorragende anwendungsorientierte und integrierte Entwicklungsarbeit.«

 

Ein Beitrag von Clara Conradt, Redaktion Fraunhofer IIS Magazin

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