Mit Industrie 4.0 intelligent montieren: Der Akkuschrauber denkt mit

2. November 2021 | Christian Nickel stellt im Interview eine Nachrüstlösung vor, die Handwerkzeuge »intelligent« macht.

Christian Nickel vom Fraunhofer IIS entwickelt am Institut Ortungs- und Kommunikationssysteme für die Industrie 4.0-Anwendung »Intelligente Werkzeuge als CPS«. Erfahren Sie mehr im Interview!

Wie Sensoren und KI im Montageprozess assistieren

Welche Rolle spielt der Mensch bei der Montage?

Christian Nickel: Der Mensch spielt nach wie vor eine wichtige Rolle bei Montagearbeiten. Im Vergleich zu hochautomatisierten Montagerobotern kann er flexibel auf Veränderungen reagieren und individuelle Arbeitsschritte schon nach kurzer Einarbeitung ausführen. Montagearbeiten wie für ein Auto sind aber aufgrund der vielen Varianten immer komplexer geworden. Je nach Variante müssen in einem Arbeitsschritt 8, 10 oder 12 Schrauben festgezogen werden. Keine davon darf vergessen werden, und auch die richtige Reihenfolge ist wichtig. Wenn Menschen abgelenkt werden, können sie Fehler machen. Das führt zu Kosten oder Imageschäden.

 

Sie haben eine Nachrüstung für Handwerkzeuge entwickelt, die Fehler verhindert. Wie unterstützt sie den Werker bei der Montage?

Wir haben am Fraunhofer IIS im Rahmen des Projekts ein Sensormodul entwickelt, mit dem Werkzeuge unabhängig vom Werkzeughersteller nachgerüstet werden können. Sie werden sozusagen zu »intelligenten Werkzeugen als cyberphysisches System«, die Fehler schon während der Montage erkennen. Sobald ein Arbeitsschritt vom Montageplan abweicht, schlägt das System Alarm. Der Fehler kann sofort korrigiert werden und führt nicht zu einer kostenintensiven Nacharbeit zu einem späteren Zeitpunkt.

 

Wie funktioniert das intelligente Werkzeug?

Der Kern der Lösung sieht von außen aus wie ein kleiner schwarzer Kasten, der auf bestehende Werkzeuge relativ einfach aufgesteckt werden kann. Im Innern dieses Moduls sind Sensoren, die Bewegungen, Rotationen, Vibrationen, Geräusche und Magnetfelder des Werkzeuges und der Umgebung messen. Die Sensorwerte analysiert eine KI und bewertet sie. Doch vorher müssen wir den Algorithmus mit Methoden des maschinellen Lernens trainieren. »Schraube festziehen«, »Schraube lösen« oder »Nieten« werden mehrfach ausgeführt. Die KI im Sensormodul lernt auch komplette Abfolgen, bis sie schließlich in der Lage ist, einzelne Arbeitsschritte zu erkennen und die korrekte Durchführung zu überprüfen. Eine leuchtende LED gibt dem Benutzer dann die Rückmeldung, dass das kognitive Werkzeug den Arbeitsschritt quittiert hat.

 

Wie hoch ist die Ortungsgenauigkeit für das intelligente Werkzeug?

Mit Funkortungssystemen kann das Werkzeug seine Position bis auf wenige Dezimeter genau ermitteln. Das ist so genau, dass es weiß, ob es sich in dem richtigen Teilbereich seiner Aufgabe befindet. Optische Systeme erreichen im Arbeitsbereich eine Auflösung von unter fünf Zentimetern. Damit findet das intelligente Werkzeug die richtige Schraubstelle. Je nach Anforderung an die Qualitätsüberwachung wird am Ende das geeignetste Ortungssystem eingesetzt.

 

Über Christian Nickel

Christian Nickel forscht als Senior Engineer in der Gruppe Machine Learning and Validation. Er hat Elektrotechnik und Informationstechnik an der TH Nürnberg studiert und ist seit 2015 am Fraunhofer IIS in Nürnberg beschäftigt. Seine Hauptthemen sind intelligente Handwerkzeuge, Lokalisierung und Embedded Machine Learning.

Das könnte Sie auch interessieren

Supply Chain Services

Weitere Storys aus der Serie »Industrie 4.0 für den Mittelstand«

Fraunhofer IIS Magazin

Supply Chain Services - mehr Storys

Supply Chain Services

Supply Chain Services - Forschungsbereich

Kontakt

Sie haben Fragen, Kommentare oder Anmerkungen zum Fraunhofer IIS Magazin?

Schreiben Sie uns eine E-Mail.

Immer informiert

Der Newsletter zum Magazin

Abonnieren Sie den Newsletter des Fraunhofer IIS Magazins und erhalten Sie alle neuen Themen kompakt per Mail.

Startseite

Zurück zur Startseite des Fraunhofer IIS Magazins