Neues System zur Pflanzencharakterisierung: StS Tobias Gotthardt begleitet Live-Demonstration in Merkendorf

In den vergangenen Monaten ist in Merkendorf am neuen Standort des Fraunhofer IIS eine der wohl modernsten Anlagen zur Pflanzen-Phänotypisierung, also der Untersuchung des äußeren Erscheinungsbilds von Pflanzen von der Wurzel bis zur Blüte, entstanden. Der Staatssekretär des Bayerischen Wirtschaftsministeriums Tobias Gotthardt überzeugte sich am 28. April bei einer Live-Demonstration des neuen »SEPP«-Systems von der Leistungsfähigkeit der Anlage.

Das Technologiezentrum Phänotypisierung des Fraunhofer IIS befindet sich in unmittelbarer Nähe zur Hochschule Weihenstephan-Triesdorf (HSWT) sowie den Landwirtschaftlichen Lehranstalten und stellt mit umfangreichen technologischen Neuerungen im Bereich Smart Farming auf über 1000 Quadratmetern Fläche einen bedeutenden Meilenstein in der modernen Pflanzenphänotypisierung und Saatgutqualitätskontrolle dar.

Das neu entwickelte »SEPP«-System (aus d. Engl.: Sensor Evaluation for plant phenotyping) ist das Herzstück des Technologiezentrums Phänotypisierung. Mit diesem einmaligen System sind die Forschenden des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Schaltungen IIS in der Lage, bis zu 400 Pflanzen gleichzeitig unter kontrolliert veränderbaren Bedingungen zu kultivieren. So ist es möglich, verschiedene Umweltfaktoren wie Feuchtigkeit, Temperatur, CO2-Konzentration und Lichtverhältnisse zu simulieren und exakt zu steuern. Diese kontrollierten Bedingungen sind entscheidend, um das Wachstum und die Reaktionen der Pflanzen auf unterschiedliche Umweltveränderungen detailliert zu beobachten und zu analysieren.

Gruppenfoto der Gäste, v.l.: Peter Pietrzyk, Christian Hügel, Cora Weippert, Joelle Claußen, Dr. Stefan Gerth, Staatssekretär Tobias Gotthardt, Dr. Norman Uhlmann, Prof. Albert Heuberger, Dr. Thomas Malzer
© Fraunhofer IIS
v.l.: Peter Pietrzyk, Christian Hügel, Cora Weippert, Joelle Claußen, Dr. Stefan Gerth, Staatssekretär Tobias Gotthardt, Dr. Norman Uhlmann, Prof. Albert Heuberger, Dr. Thomas Malzer

Bei seinem Besuch am Standort des Fraunhofer IIS in Merkendorf konnte Tobias Gotthardt, Staatssekretär des Bayerischen Wirtschaftsministeriums eine Live-Demonstration der neuen Anlage erleben. »SEPP« ist mit modernsten Röntgen- und optischen Sensorsystemen ausgestattet. In Kombination erlauben diese eine umfassende Analyse sowohl der oberirdischen als auch der unterirdischen Pflanzenstrukturen. Durch derartig präzise Messungen können die Forschenden aussagekräftige Daten sammeln. Pflanzenzuchtbetriebe können damit Sorten entwickeln, die widerstandsfähiger gegenüber den Herausforderungen des Klimawandels sind.

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Bei einem Rundgang lernte Staatssekretär Tobias Gotthardt weitere Technologien kennen, darunter die Feldfahrzeuge.
© Fraunhofer IIS / Paul Pulkert
Das System simuliert verschiedene Umweltfaktoren wie Feuchtigkeit, Temperatur, CO2-Konzentration und Lichtverhältnisse und ist in der Lage, diese exakt zu steuern.
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Die Anlage ist mit modernsten Röntgen- und optischen Sensorsystemen ausgestattet. Dies ermöglicht den Blick ins Innere der Pflanzentöpfe und dokumentiert so die Entwicklung der Wurzelstrukturen.
Mitarbeiterin arbeitet an der Phänotypisierungsanlage in einer großen Halle.
© Fraunhofer IIS / Paul Pulkert
Mit dem einmaligen »SEPP«-System sind die Forschenden in der Lage, bis zu 400 Pflanzen gleichzeitig unter optimalen und kontrollierbaren Bedingungen zu kultivieren.

Standort verfügt über breites Technologiespektrum

»SEPP« ist nur eine von mehreren Technologien, die das Fraunhofer IIS am Standort anbietet: Ob neu entwickeltes Saatgut die gewünschten Ergebnisse für die Zucht liefert, kann mit verschiedenen Methoden analysiert werden. »Die Beobachtung der zeitlichen Entwicklung der Pflanze ist von sehr hoher Interesse für uns. Wir können die Entwicklung des gesamten Rübenkörpers als auch des Blattapparates dynamisch beobachten. Dadurch erhalten wir sehr viele neue Erkenntnisse, die wir im Feld unter natürlichen Bedingungen vorerst nicht erfassen können«, sagt Dr. Bettina Müller von Strube D&S. Mit modernsten technologischen Entwicklungen begleiten die Forschenden die gesamte Wertschöpfungskette: Vom Saatgut über die Keimlingsanalytik bis hin zur Ernte. Neben unterschiedlichen stationären Systemen wie beispielsweise dem Seedinspector zur computertomografischen Untersuchung von Saatgut, stehen auch verschiedene Feldrobotik- und Drohnensysteme zur Verfügung: Der Feldroboter DeBiFix untersucht ganze Weizenfelder auf den Wachstumsverlauf der Körner in den Ähren. Kameradrohnen des Forschungsteams sind in der Lage, einen digitalen Zwilling von Obstbäumen zu erstellen und können so zur Krankheitsdetektion oder Ertragsprognose eingesetzt werden.

Die Etablierung der technischen Infrastruktur dient dabei nicht nur als Ausgangspunkt für die Vernetzung regionaler, nationaler und internationaler Akteure mit Bezug zu Phänotypisierung. Ein derartiges Zentrum bietet die Möglichkeit, technische Innovationen zu beschleunigen: Die Synergieeffekte der multidisziplinären Zusammenarbeit erweitern das Bildungsportfolio für die Anwendung neuer Technologien in der multifunktionalen Landwirtschaft und sichern so langfristig die Innovationskraft Deutschlands.

Hintergründe zum Projekt

Die Initiative »Biogene Wertschöpfung und Smart Farming« der Fraunhofer-Gesellschaft stellt die anwendungsorientierte Forschung im Bereich der Ernährungs- und Landwirtschaft in den Fokus. Es handelt sich hierbei um eine große Forschungsinitiative an den Standorten Mecklenburg-Vorpommern und Bayern, an der die Fraunhofer-Institute IIS, IVV, IGD, IGP und EMFT beteiligt sind. Die interdisziplinären Teams bringen eine umfassende Expertise aus den Bereichen Robotik und Automatisierung, Sensorik, Analytik und Aktorik, KI und Big Data sowie Konstruktion, Produktion und Verfahrenstechnik ein. Ihr Ziel ist die Entwicklung neuer Technologien für eine nachhaltige Erzeugung und Weiterverarbeitung landwirtschaftlicher Rohstoffe: vom Saatgut bis zum veredelten Produkt.

Die Landwirtschaft sieht sich aufgrund der wachsenden Anforderungen an Umweltschutz, Lebensmittelqualität und Nachhaltigkeit bei begrenzten Landflächen, fossilen Ressourcen und Fachkräftemangel immer größeren Herausforderungen gegenüber. Mit hochindividualisierten, automatisierten und nachhaltigen Technologien leistet die Initiative einen Beitrag zur langfristigen Sicherung und Zukunftsfähigkeit der regionalen Landwirtschaft und Lebensmittelproduktion.Generative KI gilt als das vielversprechendste Feld innerhalb der Künstlichen Intelligenz und birgt enormes Potenzial für innovative Anwendungen. Um die Leistungsfähigkeit dieser Technologie voll auszuschöpfen und der bayerischen Wirtschaft zugänglich zu machen, ist umfassende Forschung erforderlich. Europa darf dabei nicht den Anschluss an China oder die USA verlieren.

Stimmen zum Projekt:


Tobias Gotthardt, Staatssekretär des Bayerischen Wirtschaftsministeriums:

»Hier trifft Hightech auf Heimat. Mit dem Zentrum für Biogene Wertschöpfung und Smart Farming setzt die Fraunhofer-Gesellschaft ein starkes Zeichen für die Zukunft unserer Land- und Ernährungswirtschaft. Als führende Kraft in der anwendungsorientierten Forschung bringt sie gemeinsam mit der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf, die über herausragende Expertise und Praxisnähe im Agrarbereich verfügt, Innovation direkt auf die Höfe und in die Betriebe. Forschung darf nicht im Labor enden. Sie muss in der Praxis ankommen - und genau das gelingt hier. Das SEPP-System zeigt, wie Hightech mit Sensorik und Röntgentechnik die Pflanzenzüchtung effizienter und nachhaltiger macht.«

Prof. Dr. Albert Heuberger, Leiter des Fraunhofer IIS:

»Das Technologiezentrum Phänotypisierung wird die ideale Anlaufstelle für alle Fragen rund um die Themen Smart Farming und Phänotypisierung. Mit dem breiten Technologiespektrum in unserem Bereich Entwicklungszentrum Röntgentechnik und den starken Partnern vor Ort können wir unseren Kunden einen Wettbewerbsvorteil bieten.«

Dr. Norman Uhlmann, Bereichsleiter des Entwicklungszentrums Röntgentechnik am Fraunhofer IIS:

»Wir freuen uns nach wie vor sehr über die herzliche Aufnahme in die ‚Triesdorfer-Familie‘! Der neue Forschungsstandort ermöglicht den beteiligten Akteuren eine optimale Vernetzung. Dadurch wird eine lückenlose Wissenstransferkette geschaffen, die auf wirtschaftliche Verwertung abzielt. Kurze Kommunikationswege, hohe Fachkompetenz auf allen Seiten und eine solide zwischenmenschliche Basis sind ideale Voraussetzungen, um diese Kooperation zu einem Vorzeigemodell für den Standort Bayern zu entwickeln. Wir freuen uns auf die enge Zusammenarbeit!«

Dr. Stefan Gerth, Abteilungsleiter »Anwendungsspezifische Methoden und Systeme« am Fraunhofer IIS:

»Wir wollen das Technologiezentrum Phänotypisierung zur zentralen Anlaufstelle für Fragen rund um den Bereich Smart Farming weiterentwickeln. Gemeinsam mit dem nationalen und internationalen Netzwerk an diesem Standort bieten wir hervorragende Voraussetzungen für einen Technologietransfer, mit dem wir die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Landwirtschaft und der industriellen Pflanzenzüchtung stärken. Die technische Infrastruktur fördert dabei die Vernetzung und beschleunigt Innovationen, wodurch Forschung und Industrie effizienter zusammenarbeiten, Mehrwert identifizieren und durch neue Lösungsansätze die Innovationskraft Deutschlands weiter stärken.«