Röntgenbildgebung in der E-Mobilität

Röntgenbildgebung ist eine Schlüsseltechnologie für die Entwicklung moderner Hochleistungsprodukte. Bei der Transformation der Automobilindustrie zur E-Mobilität spielt die Röntgencomputertomographie eine besondere Rolle, da mit ihrer Hilfe die Beobachtung innenliegender Strukturen in komplexen Baugruppen wie Batteriezellen, Elektroantrieben oder Großgussteilen ermöglicht wird, ohne diese hierfür zerstören zu müssen. Damit schafft die Röntgentechnik eine Grundlage für den fortschreitenden Paradigmenwechsel in der Produktion und Entwicklung, weg von der Null-Fehler-Toleranz, hin zur bewussten Inkaufnahme von Fehlern und Abweichungen, deren Akzeptanz mit Computersimulationsmethoden, z. B. angewandt im digitalen Zwilling, validiert werden.

Neben der klassischen Anwendung der Röntgentechnik zur Schadensbeurteilung und Qualitätskontrolle im Messlabor hat die Strategische Initiative auch zum Ziel, die Röntgencomputertomographie in neuen Anwendungsfeldern zu etablieren. Die XXL- und HE-CT-Technologien eignen sich hierfür in besonderem Maße, da die damit erzielbaren Ergebnisse von höchster Dichtetreue und geringem Artefakt-Aufkommen profitieren. Dank dieser physikalisch bedingten Eigenschaften ist es selbst für unerfahrene CT-Nutzer möglich, die gewonnenen Daten korrekt zu interpretieren, was vollkommen neue Nutzergruppen neben den „industriellen Radiologen“ erschließt. Mittels spezieller Kompressionsverfahren soll im Rahmen der Strategischen Initiative das noch bestehende Nadelöhr des Datenhandlings behoben werden und dafür sorgen, dass die hochqualitativen, dreidimensionalen Daten ihren Weg möglichst einfach und schnell auf jeden Schreibtisch finden. Nur so kann der immense Datenschatz, der z. B. bei dem Scan eines Gesamtfahrzeugs entsteht, angemessen gehoben werden.

Mit der Strategischen Initiative Röntgenbildgebung in der E-Mobilität erleichtert das Fraunhofer IIS insbesondere der Deutschen und Europäischen Automobilindustrie den Zugang zu dieser Schlüsseltechnologie. Dabei werden neben der Entwicklung neuartiger produktionsbegleitender Prüftechnologien für Batteriespeichersysteme von der Zelle über das Modul bis hin zum Gesamtspeicher Modalitäten entwickelt, die neue Möglichkeiten für die Produktentwicklung erschließen. Die Digitalisierung von kompletten Fahrzeugen, z. B. in Prototypenversuchen oder nach Crashtests, vereinfacht den Zugang zu wichtigen Informationen und hilft so den Ingenieuren, mit den immer kürzer werdenden Entwicklungszyklen Schritt zu halten.

Unser Angebot: Vom Batteriemodul bis zum Gesamtspeicher erfassen wir den inneren Aufbau zerstörungsfrei

Bei der Herstellung und Qualitätssicherung von Batteriezellen spielt die industrielle CT mittlerweile eine zentrale Rolle. Die im Rahmen der Strategischen Initiative - Röntgentechnik in der E-Mobilität gebündelte Technologie richtet sich insbesondere an den Folgeschritt, bei dem aus einzelnen Zellen ganze Module oder Speichersysteme entstehen. Konventionelle CT-Methoden stoßen hier schnell an Ihre Grenzen. Nicht jedoch die XXL-CT, die es ermöglicht großformatige Speichersysteme detailliert im Inneren zu inspizieren und dabei die Lage, Form, Verklebung und Anbindung der einzelnen Zellen in unterschiedlichen Stadien des Lebenszyklus des Speichers auswerten zu können.

Umfassende Beratung

Unsere Forschenden beraten Sie gern zu den Möglichkeiten bei der Untersuchung Ihrer Speichersysteme, sei es in der Entwicklung, im Produktionsanlauf oder im Feld Rückläufer.

Technologiebandbreite

Wir bieten Ihnen die optimale Lösung für Ihre Fragestellung. Von der hochauflösenden CT für einzelne Zellen, über die schnelle Radioskopische oder Laminografische Prüfung ganzer Speicher, bis hin zur vollumfänglichen CT des Gesamtfahrzeugs. Alles aus einer Hand!

Gemeinsame Erprobung

Im Rahmen von Studien finden wir gemeinsam mit Ihnen die optimale Lösung für Ihre Fragestellung. Dabei richten wir uns ganz nach Ihren Anforderungen, sei es beste Prüfmethode für Sie zu finden oder eine Anlage für die eigenständige Prüfung in Ihrem Hause zu entwickeln.

Unsere Stärken: Wie wir E-Mobilität nachhaltiger machen

© Fraunhofer IIS
3D-Rendering einer Fahrzeugfront und Darstellung der metallischen Bestandteile

Die GiantEye-Technologie vereinfacht die Nutzung der XXL- und HE-CT-Technologie, indem das Röntgensystem um das zu messende Objekt rotiert wird. Hierdurch wird eine minimale Belastung z. B. durch eine mechanische Beeinflussung für die zu messenden Objekte erzielt. Das GiantEye-Tomographie-Portal wird dabei die Nutzungsmöglichkeiten der bisherigen Systeme vereinen und eine seriennahe Nutzung der Technologie ermöglichen. Durch die zum Einsatz kommenden weiterentwickelten Röntgenkomponenten sowie den optimierten geometrischen Aufbau des Messsystems werden Messzeiten reduziert oder wahlweise die Auflösung der erzielbaren Messdaten erhöht. 

© Fraunhofer IIS
3D-Rendering einer Fahrzeugfront von unten
© Fraunhofer IIS
3D-Rendering eines gecrashten Fahrzeugs und farbliche Überlagerung der der simulierten Verformung
© Fraunhofer IIS
3D-Rendering mit virtuellem Anschnitt des Batteriespeichers

© Fraunhofer IIS
3D Rendering mit Anschnitt eines Batteriemoduls bestehend aus Pouch Zellen

Die Hochenergie-Computertomographie, auch HE-CT genannt, kommt für den Scan von kompakten, aber schwer zu durchdringenden Objekten wie Batteriemodulen zum Einsatz. Die Methode ermöglicht hochaufgelöste CT-Messungen kompakter Baugruppen wie einzelner Batteriemodule mit einer Objektabtastung von ca. 100 µm. Die Module haben dabei typische Abmessungen von 300 mm × 200 mm × 2000 mm. Durch die Anwendung spezieller Abtastverfahren wie der Helix-CT ist es möglich, die innerhalb der Module meist orthogonal angeordneten Batteriezellen präzise abzubilden und so typische Kenngrößen wie Abstände und Aufblähungenabzuleiten. Für die Untersuchung wird das Modul zuvor in eine vertikale Lage gekippt und über eine spezielle Aufnahme auf dem Drehteller der CT-Anlage fixiert. Die Messdatenerfassung erfolgt mittels eines Flachbilddetektors, was eine sehr effiziente Messung ermöglicht, mit Messzeiten zwischen einer halben und zwei Stunden.

© Fraunhofer IIS
XY Schnittdarstellung des Batteriemoduls
© Fraunhofer IIS
Vertikale Schnittdarstellung zeigt unterschiedliche Zelllage der einzelnen Pouch Zellen
© Fraunhofer IIS
Vertikale Schnittdarstellung im Randbereich des Moduls zeigt die Elektrolytverteilung im Speicher

© Fraunhofer IIS
3D-Rendering Batteriespeicher

Die XXL-CT kommt für die Untersuchung von gesamten Speichersystemen und kompletten Fahrzeugen zum Einsatz. Das Messsystem verfügt über einen 4 m breiten Zeilendetektor und ein Manipulationssystem, das Objekte mit bis zu 3 t Gewicht aufnehmen kann, um ein CT-Schnittbild zu erzeugen. Die Röntgenkomponenten können für den Scan über eine Höhe von bis zu 4,5 m das Objekt in Viertelmillimeter-Schritten erfassen. Durch den fächerartigen Röntgenstrahl, der zur Anwendung kommt, ermöglicht die Anlage eine maximale Durchdringungsfähigkeit von über 1 m Aluminium und 0,4 m Eisen. Die Untersuchung an vollständigen Speichersystemen wird genutzt, um die Lage und Orientierung der einzelnen Zellen, z. B. vor und nach Zyklustests, zu analysieren. Für den Produktionsanlauf sowie für die Qualitätssicherung werden vollständige Speichersysteme auf die innere Ausprägung von Verklebungen und Aufschäumungen hin analysiert. Dank der hohen erreichbaren Bildqualität ist es möglich, alle im Speicher verbauten Werkstoffe gut abzubilden und zu analysieren.

© Fraunhofer IIS
3D-Rendering von prismatischen Zellen
© Fraunhofer IIS
3D-Rendering von Pouch-Zellen
© Fraunhofer IIS
3D-Rendering von zylindrischen Zellen

© Fraunhofer IIS
Ergebnis der AIR-Messung am Fahrzeug der Marke Renault

Die AIR Technologie transferiert einen Teil der Möglichkeiten der XXL-CT auf eine möglichst einfach und kostenoptimiert zu nutzende Plattform. Das Messsystem, das später in einer einfachen Garage aufgebaut werden kann, ermöglicht die schnelle Erfassung von einlagig, flach aufgebauten Batteriespeichern, selbst im montierten Zustand. Neben dem Potential einige der Möglichkeiten der XXL-CT Untersuchungen schnell in die eigenen Produktionsumgebung zu transferieren ermöglich das AIR System die Erschließung neuer Anwendungsfelder für die Röntgentechnik wie den Sekundär Fahrzeugmarkt sowie die Schadensbegutachtung. Typischerweise wird mittels des AIR Systems ein zweidimensionales Bild des Speichers aus der Vogelperspektive aufgenommen. Das Fahrzeug wird hierzu einfach im System geparkt und für die Messung stehen gelassen. Die gewonnenen Daten ermöglichen eine schnelle Beurteilung der Zellabstände, der Schwellung von Zellen, mechanische Verformungen des Batterierahmens z.B: in Folge eines Unfalls oder anderer sicherheitskritischer Merkmale. 

© Fraunhofer IIS
Ergebnis der AIR-Messung am Fahrzeug der Marke SKODA
© Fraunhofer IIS
Ergebnis der AIR-Messung am Fahrzeug der Marke KIA
© Fraunhofer IIS
Ergebnis der AIR-Messung am Fahrzeug der Marke Tesla

© Fraunhofer IIS
Schnittbild in die Tiefe des Batteriespeichers im Bereich einer Intrusion

Die präzise Erfassung der CT-Daten mit minimalem Artefaktaufkommen ist eine wichtige Grundlage für die Bewertung der erfassten Objekte. Eine weitere stellt die Auswertung der Daten dar. Während für einzelne Untersuchungen wie z. B. zur Schadensbeurteilung eine manuelle Auswertung durch das erfahrene CT-Laborpersonal erfolgt, werden im Rahmen der Strategischen Initiative Auswertemethoden entwickelt, die eine nahezu automatisierte Auswertung charakteristischer Merkmale und Kenngrößen ermöglichen. Diese werden direkt in die Entwicklungsabteilung zurückgegeben und minimieren den Aufwand auf Nutzeseite. Typischerweise werden folgende Merkmale in Batteriemodulen und -systemen automatisiert ausgewertet: Zellabstände, Zelllage, Zellzustand (swelling), Verklebung, Verschäumung.

© Fraunhofer IIS
Intrusionsbereich im seitliche Schnittbild
© Fraunhofer IIS
Intrusionsbereich im frontalen Schnittbild
© Fraunhofer IIS
Oberflächenrendering des Batteriespeichers im Bereich der drei Intrusionen

Röntgenbildgebung in der Anwendung für die E-Mobilität

Entwicklung

Mit unserer Technologie ermöglichen wir die Analyse und Beobachtung des inneren Batteriespeicheraufbaus in verschiedenen Stufen von Lebenszyklustests. Wir erfassen betriebsbedingte Veränderungen der Zellen sowie relevante geometrische Messgrößen in betriebsbereitem Zustand

Digitaler Zwilling

Aufgrund der hohen Energie sind wir in der Lage das gesamte Fahrzeug zu digitalisieren, um in der Prototypen-Erprobungsphase, z.B. nach Klimazonentests, einen genauen Einblick in die Veränderungen des Fahrzeugs zu bekommen.

Post-Crash-Analyse

Ganzheitliche Abbildung von Crash-bedingten Deformationen ohne das Risiko dabei z.B. den Batteriespeicher zu beschädigen.

Qualitätssicherung

Die einfach nutzbare GiantEye Technologie ermöglicht es, Speicher mit minimalem Aufwand und hoher Detailauflösung zu analysieren, um die Fertigung im Serienhochlauf und darüber hinaus stichprobenartig zu überwachen.

Sicheres Handling

Mit der entwickelten Technologie ist ein Scan selbst in Zuständen der Speicher möglich, die zu kritisch für einen herkömmlichen CT-Scan wären. Credo: Alles was transportiert werden kann, kann auch gescannt werden.

Neue Analyseverfahren

Durch die Kombination der mittels der GiantEye Technologie gewonnenen Erkenntnisse über den inneren Aufbau der Batteriespeicher mit der fundierten Erfahrung in der industriellen Anwendung werden neue Prüfmethoden entwickelt, die direkt in der Fertigung zum Einsatz kommen können

Das könnte Sie auch interessieren

 

Serie: Batterieforschung / 13.3.2024

Synchrotron-CT: Von brillanten Aufnahmen zu innovativen Ansätzen für Batterieentwicklung und Recycling

 

Serie: Batterieforschung / 1.3.2024

Optimierung der Batterieproduktion durch Inline-CT-Technologie

 

Serie: Batterieforschung / 2.4.2024

Mehr Nachhaltigkeit durch den Ausweis für Batterien

 

Serie: Batterieforschung / 22.4.2024

Kleiner Winkel, großer Effekt - Röntgenkleinwinkelstreuung für die Batterieforschung

 

Serie: Batterieforschung / 15.5.2024

Mit der Fremdkörperdetektion auch kleinste Störfaktoren ausmachen

 

Serie: Batterieforschung / 31.5.2024

Warum passieren Fehler in der Batterieproduktion? Erklärbare KI unterstützt die Prozessoptimierung.

 

Serie: Batterieforschung / 8.2.2024

Wie XXL-Computertomographie für Sicherheit auf Straßen und in der Garage sorgt