Projekt »SpikeHERO« erforscht KI-Chip für Glasfasernetze

Erlangen: Als Konsortialführer des von der Europäischen Union geförderten Projekts »SpikeHERO« nimmt das Fraunhofer IIS in den kommenden vier Jahren Glasfasernetze ins Visier. Gemeinsam mit Industrie- und Forschungspartnern aus den Niederlanden, Tschechien und Belgien werden KI-Chips für Spiking Neural Networks entwickelt, um die Signalqualität und damit die Datenraten von Glasfaser deutlich zu steigern. Das Projekt startet am 1. Oktober 2025 und soll dazu beitragen, Europas digitale Infrastruktur auszubauen und seine technologische Souveränität zu festigen.

Glasfasernetze sind ein essenzieller Baustein der digitalen Zukunft. Im Wettbewerb um Schlüsseltechnologien benötigt die Industrie immer höhere Bandbreiten mit immer niedrigeren Latenzen. Zudem müssen künftige 6G-Netze hohe Anforderungen an die Geschwindigkeit der Datenübertragung erfüllen. Das Problem: Je höher die angestrebten Datenraten, umso stärker leidet die Signalqualität. Um Störungen auszugleichen, setzen die Anbieter derzeit auf digitale Signalprozessoren. »Diese verursachen jedoch hohe Kosten und sind aufgrund des enormen Stromverbrauchs keine langfristig nachhaltige Lösung«, erklärt Michael Rothe, Leiter der Gruppe »embedded AI« am Fraunhofer IIS. Eine weitere Steigerung der Glasfaser-Datenraten stößt somit zunehmend an Grenzen.

An einer Lösung forscht das EU-Projekt »SpikeHERO«. Die Projektpartner arbeiten an einer neuartigen KI-Prozessor-Architektur, die einen optischen und elektrischen Spiking-Neural-Network-Chip kombiniert. Die neuronalen Netze sollen den Kommunikationskanal kontinuierlich überwachen, die Signale analysieren und auftretende Störungen im Empfänger durch Steuerparameter korrigieren. Indem die Signalqualität aufrechterhalten wird, öffnen sich für Glasfasernetze wieder neue Spielräume, um die Datenraten zu erhöhen. Konkret peilt das Projekt an, die verwendete Bandbreite von 10 GHz auf 30 GHz zu steigern, während die Latenzen von 10 Mikrosekunden auf unter 6 Nanosekunden gedrückt werden. Zugleich soll auch der Energieverbrauch von 7-10 Watt auf 1-2 Watt sinken.

Das Gehirn als Vorbild

Spiking Neural Networks (SNNs) gelten als vielversprechender Ansatz in der Weiterentwicklung von Künstlicher Intelligenz. Ihre Funktionsweise imitiert die Prinzipien des menschlichen Gehirns: Informationen werden in Form von Pulsen, sogenannten Spikes, verarbeitet – und zwar nur dann, wenn ein Ereignis eine kritische Relevanzschwelle überschritten hat. Dies macht SNNs interessant für alle KI-Anwendungen, in denen Echtzeitfähigkeit und Energieeffizienz miteinander in Einklang stehen müssen.

In der Hardware-Entwicklung von SNN-Chips gibt es jedoch unterschiedliche Herangehensweisen. Während die Spikes in optischen Halbleitern durch Photonen übertragen werden, basieren die Pulse in den elektrischen Pendants auf Spannungen und Strömen. Beide Typen haben Vorteile, die in diesem Projekt miteinander verbunden werden sollen. Als elektrischer SNN-Chip kommt in »SpikeHERO« der am Fraunhofer IIS und Fraunhofer EMFT entwickelte SENNA-Chip zum Einsatz. »Wir arbeiten aktuell an der zweiten Generation, die noch höhere Spike-Raten bei noch weniger Energieverbrauch verspricht«, sagt Rothe.

Ein paneuropäisches Projekt

Das Projekt »SpikeHERO« (Spike Hybrid Edge Computing for Robust Optoelectrical Signal Processing) wird vom Europäischen Innovationsrat (EIC) mit einem Budget von über 4,2 Millionen Euro gefördert und läuft vom 1. Oktober 2025 bis zum 30. September 2029. Das Vorhaben vereint Forschung und Industrie aus vier europäischen Ländern: Neben dem Fraunhofer IIS beteiligen sich das Fraunhofer EMFT, die Technische Universität Eindhoven, Hewlett Packard Enterprise Labs Belgium sowie Argotech a.s. aus Tschechien. Mit Projekten wie »SpikeHERO« werden die im Rahmen der Forschungsfabrik Mikroelektronik Deutschland (FMD) aufgebauten Kompetenzen und Infrastrukturen weiter genutzt und gestärkt. Sie zahlen ebenfalls auf die APECS-Pilotline für »Advanced Packaging and Heterogeneous Integration for Electronic Components and Systems« ein, die im Kontext des EU Chips Act von der FMD implementiert wird. Ziel ist es, Chiplet-Innovationen voranzutreiben und die europäische Halbleiterforschung und -fertigung damit nachhaltig zu stärken.