»Das Fraunhofer IIS ist schon ein ganz besonderer Ort«

23. Juni 2017 | In Kontakt mit: Dr. Bernhard Grill

»Das gute Arbeitsklima und das Zusammensein mit den langjährigen Kollegen bedeuten mir viel«, sagt Dr. Bernhard Grill, Instituts- und Bereichsleiter am Fraunhofer IIS. Er ist seit der Anfangszeit mit dabei und hat den Aufstieg des Instituts von der Arbeitsgruppe bis zum weltweit anerkannten Forschungsinstitut erheblich mitgestaltet. Seit 2016 ist er auch Mitglied der Institutsleitung. Wir haben ihn nach seinen beruflichen Schwerpunkten befragt und danach, wo es für ihn sonst noch besondere Orte gibt.

© Fraunhofer IIS/Julia Sing
Dr. Bernhard Grill im Schalllabor des Fraunhofer IIS, dem größten und deutschlandweit einzigen seiner Art. Hier forschen die Wissenschaftler an Audiocodierverfahren auf höchstem Standard.

Was sind Ihre Hauptaufgaben am Fraunhofer IIS?

Die Hauptaufgabe ist weiterhin die Leitung des Bereichs Audio und Medientechnologien mit seinen neun Abteilungen und die Betreuung der Audio-labs. Wir wollen hier eine möglichst breite Basis mit einer möglichst soliden Finanzierung aus unterschiedlichen Quellen. Neben der weiterhin sehr bedeutenden AAC-Codec-Familie, die heute in jedem Handy, TV oder auch Web-Browser zu finden ist, haben wir aktuell mehrere vielversprechende neue Projekte. Zum einen der neue Mobilfunk-Sprachcodec EVS (Enhanced Voice Services), der auf gutem Wege ist, die heutige doch recht bescheidene Sprachqualität auf Handys auf Hifi-Niveau zu heben. Zum anderen sind wir derzeit im weltweiten Wettbewerb um den zukünftigen TV-Ton mit dem neuen MPEG-H. MPEG-H ist im Mai 2017 als erstes derartiges System in Südkorea in den Regelbetrieb gegangen, um dann in 2018 die olympischen Winterspiele mit interaktivem und umhüllenden 3D-Klang zu übertragen.

Wie sieht ihr Arbeitsalltag aus?

Als Institutsleiter hat man viele Verpflichtungen. Es ist unerlässlich, in der Politik, im Vorstand und in verschiedenen Gremien präsent zu sein. Bei der Arbeit nach innen ist es wichtig zu verstehen, was in den Projekten gerade passiert und zu hoffen, dass das Ganze auch ohne mein Zutun läuft (lacht). Es ist ganz entscheidend, dass viele Leute dabei sind, die möglichst selbständig etwas tun. Ich muss dann mehr darauf achten, wo sich neue Entwicklungen ergeben und wo ich das unterstützen kann. Zu meinem Tagesgeschäft gehören auch Verwaltungsdinge wie Freigaben für Patentanmeldungen oder Genehmigung von Dienstreisen.

Die andere wichtige Aufgabe ist die Außenanbindung, wir haben Mitarbeiter in allen Erdteilen, bis auf Australien. Und es stehen auch überraschend viele rechtliche Dinge an. Das hätte ich mir als Ingenieur früher nicht träumen lassen, soviel mit Juristen zu tun zu haben. Aber das ist wichtig, wenn man etwas tut, das wirklich sehr große Konsequenzen haben könnte.

Was gefällt Ihnen an Ihrer Arbeit am besten?

Wir haben eine Menge Möglichkeiten etwas zu gestalten und Dinge anzustoßen. Und ich sehe, wie Dinge vorangehen. Bei der Sprachcodierung EVS zum Beispiel haben die Vorarbeiten 2006 begonnen. Sogar schon 1994, als ich zum ersten Mal daran gedacht habe zu promovieren, haben wir überlegt, die Sprachcodierung mit der Audiocodierung zu verheiraten. Der Antrag wurde damals von den Gutachtern der DFG abgelehnt und weltweit hat es tatsächlich lange keiner geschafft. Aber das Team, das wir 2006 aufgestellt haben, hat dann 2008/2009 schon gute erste Erfolge gehabt. Über 20 Jahre haben wir das verfolgt und jetzt eine Lösung gefunden. Das freut mich und gibt mir eine gewisse Befriedigung. Wenn jemand sagt, das geht nicht, dann heißt das für mich erstmal nur: »nicht jetzt«. Man kann sagen, vor zehn Jahren waren wir noch völlig unbekannt auf dem Gebiet der Sprachcodierung und haben bei Null angefangen und jetzt sind wir da ganz vorne und haben die besten Leute, die es weltweit gibt, das ist eine schöne Sache.

»Unsere Strategie zu gewinnen ist immer, die besten technischen Lösungen zu liefern.«



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Wie haben sich Ihre Aufgaben geändert seit Sie Institutsleiter sind?

Es ist mehr Politik dazu gekommen. Aber dafür war ich schon immer offen, an der Schule hatte ich als Leistungskurse Physik und Geschichte/Sozialkunde. Das Zusammenleben und Agieren von Menschen untereinander ist eine komplizierte Sache, das ist gleichwertig zu mathematischen oder physikalischen Problemen.

 

Welche Schlagzeile über das Fraunhofer IIS würden Sie gerne im nächsten Jahr in der Zeitung lesen?

EVS hat schon ein großes Potenzial und wenn in Zukunft alle Telefonate über EVS laufen, das wäre schön. Aktuell haben wir zehn bis hundert Millionen Benutzer, das ist nicht schlecht, aber EVS ist noch nicht die Standardtechnik für Mobiltelefone und dahin zu kommen, das wäre schon etwas.

© J. Volkamer
Der Philharmonische Chor Nürnberg e.V. mit Dr. Bernhard Grill in der Meistersingerhalle Nürnberg.

Was – außer Ihrer Arbeit – ist in Ihrem Leben wichtig?

Ich habe fünf Kinder, das ist eine eigene Geschichte. Und dann gibt es die Musik. Früher war ich ernsthafter Trompeter und habe in professionellen Gruppen gespielt. Meine Intention war, einen Job zu suchen, der mit Musik zu tun hat. Das klang am Anfang gut mit der Entwicklung von mp3. Aber dann musste ich das Training von vier/fünf Stunden am Tag runter fahren und war viel unterwegs auf der ganzen Welt. Das hat sich mit dem Trompete spielen nicht vertragen und ich musste meine ernsthaften Intentionen damit aufgeben. Aber dafür singe ich seit ein paar Jahren im Philharmonischen Chor Nürnberg. Das ist ein sehr schöner Ausgleich und das mach ich gerne.

Was hat Sie am Fraunhofer IIS am meisten geprägt?

Wichtig waren und sind die Kollegen, gerade die aus der Anfangszeit. Uns eint das Grundverständnis, dass wir zusammen arbeiten, dass wir zusammen mehr erreichen als einer allein und dass alle das große Ganze im Blick haben. Ein Vorteil ist auch die Institutsorganisation, so ist im Institut selbst die letzte Entscheidungsinstanz. Wir sind nicht von einer Konzernspitze abhängig, die womöglich noch in einem anderen Erdteil sitzt und schwer versteht, was vor Ort passiert.

Haben Sie persönliche Utensilien im Büro?

Da ist nichts Materielles, aber die Musikstücke aus der Frühzeit, die wir tausende Male durchgehört haben, habe ich auf dem Rechner. Und ich versuche, immer etwas Obst im Büro zu haben.

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