Wenn Sitzen krank macht – fit und schmerzfrei am Arbeitsplatz durch den »Mobilization Seat« mit kapazitiver Sensorik

Erlangen: Das Fraunhofer IIS und die Daimler AG arbeiten gemeinsam an der Validierung eines »Mobilization Seats« mit integrierter kapazitiver Sensortechnologie. Ziel des Projektes ist die Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen von Berufskraftfahrerinnen und -kraftfahrern, bei denen langes Sitzen und einseitige Bewegungen zum Alltag gehören. Die Effekte des »Mobilization Seats« wurden nun in einer Fahrsimulatorstudie unter Beweis gestellt.

© Fraunhofer IIS/Jakob Wagenbrenner
Die kapazitiven Bewegungssensoren des Fraunhofer IIS wurden für die Erfassung des Bewegungsverhaltens der Berufskraftfahrenden in den Sitzbezug des »Mobilization Seats« integriert. Die Abbildung zeigt eine Fotomontage der Sensorpositionen unterhalb des Bezugs.

Ob Beschäftigte im Fernverkehr oder im Büro, ihnen allen gemein sind langes Sitzen und mangelnde Bewegung am Arbeitsplatz. Die Folgen sind drastisch: Rückenschmerzen, ein steifer Nacken und Verspannungen aufgrund einseitiger Belastung von Wirbelsäule und Muskulatur. Dies kann mit zunehmender Dauer zu Fehlhaltungen wie beispielsweise einer Schonhaltung oder zu Muskelverkrampfungen führen.

Mit dem Ziel, mehr Gesundheit am Arbeitsplatz zu schaffen und dem in vielen Berufsgruppen vorherrschenden Bewegungsmangel entgegenzuwirken, entwickelte die Daimler AG einen »Mobilization Seat« mit integrierten Luftkissen zur Bewegungsförderung. Die Programme wurden von Fachleuten aus Medizin, Sportwissenschaft und Physiotherapie evaluiert. Das Fraunhofer IIS integrierte für die Validierung des Sitzes eine eigens entwickelte, neuartige kapazitive Bewegungssensorik und unterstützte bei der Durchführung der Fahrsimulatorstudie in den Forschungslaboren des Fraunhofer IIS.

»Mobilization Seat« verhindert langfristig Haltungsschäden

Die im »Mobilization Seat« der Daimler AG eingesetzte Sensortechnologie des Fraunhofer IIS basiert auf 36 textilen Sensoren, die in der Rückenlehne und in der Sitzfläche eingearbeitet sind. Durch Änderung des elektrischen Feldes erfassen die kapazitiven Bewegungssensoren positionsgenau und in Echtzeit die Gewichtsverlagerungen der Sitzenden, ohne dabei Sitzkomfort und Sitzklima zu beeinflussen. Die Luftkissenaktivierungen regen als sogenannte »dynamische Stimuli« zum bewegten Sitzen an.  

Fahrsimulatorstudie demonstriert effektiven Nutzen

Die Zusammenarbeit zwischen dem Fraunhofer IIS und der Daimler AG besteht seit 2017. Die Forschenden recherchierten in mehreren Projektphasen zu Physiologie und Sensortechnik, bauten einen synchronisierten Messstand mit der kapazitiven Sensorik auf und führten Pilotstudien durch.

Die Wirksamkeit des »Mobilization Seats« mit textilintegrierter Sensorik wurde in der letzten Projektphase in einer Fahrsimulationsstudie mit 16 männlichen Berufskraftfahrern unter realitätsnahen Bedingungen untersucht. Lisa Schneider, Doktorandin an der TU Dortmund und tätig bei der Daimler AG, erklärt: »Ziel der Studie war es, die Effekte unseres 'Mobilization Seats' und dessen Auswirkungen auf das Sitzverhalten und die Muskelaktivität der Probanden objektiv und quantitativ zu belegen.« 

Christian Hofmann, Gruppenleiter am Fraunhofer IIS, ergänzt: »Unsere kapazitive Bewegungssensorik eignet sich aufgrund des miniaturisierten Formfaktors und der einfachen Textilintegration hervorragend als Messsystem zur Erfassung des Bewegungsverhaltens im 'Mobilization Seat', ohne den Sitzkomfort oder das Sitzklima der Sitzenden zu beeinflussen. Gerade die Erhaltung des Sitzklimas ist ein Alleinstellungsmerkmal unserer Technologie. Dies wird durch die hauchdünne Sensorbauform erreicht.«

Das Fraunhofer IIS sieht in der kapazitiven Bewegungssensorik über den Einsatz im »Mobilization Seat« hinaus weitere Anwendungsgebiete im Umfeld von Assistenzsystemen für Personen mit Behinderung oder im Bereich des Serious Gaming.

Weitere Informationen zum Projekt finden Sie hier.  

© Fraunhofer IIS/Jakob Wagenbrenner
Zusätzlich zur Erfassung des Bewegungsverhaltens der Berufskraftfahrenden mittels kapazitiver Bewegungssensoren wurde die Aktivität der Rückenmuskulatur über ein Oberflächen-EMG gemessen.