Wie schaffen wir krisenresiliente Supply Chains in Corona-Zeiten?

11. September 2020 | Uwe Veres-Homm ist Geschäftsfeldkoordinator für die Themen Logistik, Transport und Mobilität bei der Fraunhofer-Arbeitsgruppe für Supply Chain Services SCS. Er erklärt, wie die Versorgung in Krisenzeiten funktionieren kann. #WeKnowHow

Uwe Veres-Homm
© Fraunhofer IIS/Karoline Glasow
Die Versorgung im Krisenfall ist eine komplexe Aufgabe. Uwe Veres-Homm erforscht Strategien für die Logistik.

Ob die Grenzen in Aserbaidschan schließen, ein Sturzregen die Lieferung stoppt oder der Maifeiertag die Woche für die Transporteure verkürzt, bislang haben Logistikerinnen und Logistiker viele mögliche Störfälle in ihren Programmen berücksichtigt. Aber so eine Krise wie die COVID-19-Pandemie gab es noch nicht, sagt Uwe Veres-Homm. Er koordiniert die Logistik- und Mobilitätsthemen in der Fraunhofer-Arbeitsgruppe für Supply Chain Services SCS des Fraunhofer-Instituts für Integrierte Schaltungen IIS. Hier entwickeln die Teammitglieder Ideen, um die Versorgung mit wichtigen Gütern im Pandemiefall zu verbessern.

Die Versorgung im Krisenfall ist eine komplexe Aufgabe. Im Blick müssen die Verantwortlichen dabei komplett neue Ansätze haben. Denn übliche Schutzmechanismen - sich zum Beispiel mit mehreren Zulieferern gegen Lieferengpässe abzusichern - versagen, wenn in einer Pandemie alle gleichzeitig ausfallen. Außerdem schaukeln sich Effekte auf: So kam es in der COVID-19-Zeit nicht nur zu verspäteten Transporten, Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter waren krank oder blieben zu Hause, die Produktion stockte und LKWs konnten nicht fahren, da Grenzen gesperrt waren. Das Versorgungsproblem schaukelte sich hoch. Laut Veres-Homm ist dies ein Beispiel für den in der Logistiktheorie bekannten Bullwhip-Effekt, durch den sich die Reibungspunkte im Lieferablauf vermehren und gegenseitig aufschaukeln. Zum einen bleiben Regale leer, wenn psychologische Effekte einen Nachfrageschock erzeugen. Andererseits laufen die Lager anderer Produkte voll.

Gute Planung für die nächste Welle

Zwei Schlüsselelemente helfen in Pandemiezeiten, sagt Veres-Homm: Transparenz und Steuerung. Das Wissen darüber, wo sich die Ware befindet und wie lange sie noch braucht, um am Zielort zu sein, ist Voraussetzung für eine intelligentere Steuerung der Lieferkette. Detaillierte Daten sind wie so oft die Grundlage, die etwa durch Sensoren und automatisierte Prozesse erhoben werden, um dann durch Algorithmen ausgewertet werden zu können.

Neue Ideen für verbesserte Steuerung bei Pandemieprognosen

So arbeitet die Fraunhofer-Arbeitsgruppe SCS derzeit auch an Projekten, die die Logistik-Algorithmen mit einer besseren Steuerung auch in Pandemiezeiten ausstatten sollen. Doch damit ein Frühwarnsystem Muster und externe Effekte erkennt und darauf reagiert, muss es sie kennen. Also liegt die Herausforderung darin, die Logistiksysteme mit den Daten aus der COVID-19-Pandemiezeit zu versorgen, um für die nächste Welle gerüstet zu sein. So trainiert, bekommt diese Art künstlicher Intelligenz zukünftig mögliche Störungen früher auf den Schirm, indem es aus der besonderen Angebots- und Nachfragesituation lernt. Denn es geht es dabei nicht nur um Toilettenpapier oder Modeware. Eine resiliente Supply Chain ist in Coronazeiten besonders wichtig für die Versorgung mit pharmazeutischen und medizinischen Produkten.

 

Beitrag von Dr. Katja Engel.

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