BayQS – Bayerisches Kompetenzzentrum Quanten Security and Data Science

Quantencomputer haben das Potenzial, in vielen Industrien disruptive Veränderung herbeizuführen und eine Vielzahl neuer Anwendungen zu ermöglichen. Diese Anwendungen umfassen beispielsweise die Simulation neuer Materialien für effizientere Solarzellen und Batterien im Energie- und Automotive-Sektor, effiziente Lösung komplexer Optimierungsprobleme in Logistik-, Finanz- und Versicherungsindustrie, Bild- und Signalverarbeitung für medizinische und industrielle Röntgencomputertomographie-Einsätze, Mobilfunk und funkbasierte Lokalisierung und natürlich auch Anwendungen der künstlichen Intelligenz und Cybersicherheit.

Anwendungsschwerpunkt Bildgebung, Sensorik und Signalverarbeitung

Der Einsatz moderner Sensorik, insbesondere zur 2D- und 3D-Bildgebung, ist sehr vielfältig. Das betrifft vor allem auch die industrielle Messtechnik in allen Bereichen der High-Tech Produktion, unabhängig davon, ob Serienfertigung oder Losgröße-eins-Produktion betrachtet wird.

Ein Aufgaben-angepasster Einsatz von komplexer Sensorik umfasst zwei Herausforderungen, welche teilweise enorme kombinatorische Optimierungsprobleme sowie eine riesige zu verarbeitende Datenmenge hervorbringen.

Sowohl für die Verarbeitung von Bildsignalen als auch für die Lösung kombinatorischer Optimierungsprobleme gibt es bekannte Ansätze für Quantencomputer. Dazu gehören beispielsweise die Quantenfouriertransformation und die Möglichkeiten des Quantumannealing.

Im Rahmen von BayQS forschen wir daran, diese Ansätze für den Einsatz im Kontext moderner Sensorik erstmalig nutzbar zu machen und weiter zu entwickeln. Unser Ziel ist dabei, eine Quantencomputer-getriebene Bild- und Signalverarbeitung zu ermöglichen. Dies tun wir konkret am Beispiel der Röntgencomputertomographie, einer 3D bildgebenden Technik, für deren erfolgreichen Einsatz man die oben genannten Herausforderungen immer wieder neu lösen muss.

Anwendungsschwerpunkt Logistik

Viele Fragestellungen und Herausforderungen aus dem Bereich der Logistik lassen sich als mathematische Probleme formulieren und anschließend mit algorithmischen Methoden lösen. Dazu zählen unter anderem Planungs- und Routenprobleme.

Seit der Entdeckung des Faktorisierungsalgorithmus von Shor im Jahre 1994 und kurz darauf des Suchalgorithmus von Grover ist eine ganze Reihe weiterer Quantenalgorithmen entwickelt worden, die verschiedenste dieser Probleme schneller lösen können, als dies mit bekannten, herkömmlichen Methoden möglich ist. Zwei wesentliche Grundbausteine, die den Ursprung dieser Beschleunigung ausmachen, sind die Quanten-Fouriertransformation sowie die Amplitudenverstärkung (engl. »Amplitude Amplification«). Ein grundsätzliches Problem, welches allen dieser Quantenalgorithmen gemein ist, stellt die Anforderung an die Hardware dar: Für praxisrelevante Problemgrößen ist diese so groß, dass sie von derzeitigen und geplanten Quantenrechnern nicht erfüllt werden kann.

Einen Versuch, dieses Problem zu umgehen, bilden die hybriden Variationsansätze (engl. »Variational Quantum Eigensolver«). Hierbei werden klassisch algorithmische Methoden zur Lösung von Optimierungsproblemen mit Quantenalgorithmen kombiniert, um bereits kleinste Quanten-Ressourcen bestmöglich auszuschöpfen. Der klassische Optimierungsalgorithmus nutzt dabei einen parametrierbaren Quantenalgorithmus, wie beispielsweise das »Quanten-Annealing« oder den »Quantum Approximate Optimization Algorithm«, um Lösungsvorschläge zu generieren und versucht, deren Qualität durch geeignete Parameterwahl zu verbessern.

Im Rahmen von BayQS sollen mögliche Vorteile durch den Einsatz von Quantenrechner im Bereich Logistik herausgearbeitet werden – sowohl konzeptionell und perspektivisch als auch für bereits bestehende oder geplante Quantenrechner.

Anwendungsschwerpunkt Mobilfunk und funkbasierte Lokalisierung

Die Entwicklung von Mobilfunk ist eine der einflussreichsten Technologien der Digitalisierung. Seit mehr als zwei Jahrzehnten wird diese Entwicklung von Fraunhofer-Instituten mitgestaltet. Die Entwicklung erschließt immer höhere Frequenzbereiche und komplexere Systeme. Dies bietet Herausforderungen, welche nur mit völlig neuartiger Technologie auch für zukünftige Anwendungen oder heute noch futuristisch anmutende Szenarien gelöst werden können. Sich hier frühzeitig zu rüsten und die Potentiale einer durch Quantencomputing unterstützen Technologieentwicklung nutzbar zu machen, ist Ziel der Aktivitäten im Mobilfunk der Fraunhofer-Institute. 

Für die Ortsbestimmung in Mobilfunknetzen bietet 5G ein neues Framework mit Lokalisierungsmethoden der Laufzeit- und Winkelmessung von Funksignalen. Insbesondere in Szenarien mit Abschattungen und Mehrwegeausbreitung sind die Randbedingungen für die Lokalisierung besonders anspruchsvoll. Hierzu ist ein vielversprechendes Lösungsverfahren zur Gewinnung guter Messdaten - die Funkkanalschätzung mit Hilfe von Mehrantennensystemen, sogenannten Multiple-Input-Multiple-Output (MIMO) Antennen in Entwicklung. In höheren Frequenzbereichen und verteilten Systemen ist sowohl die Mess- als auch die Konfigurations- und Signalisierungsaufgabe sehr komplex. Bisherige Lösungsverfahren sind wegen der Größe des Systems und vieler dynamischer Parameter sehr rechenintensiv und damit für zeitkritische Anwendungen nicht geeignet. 

Die zugrundeliegenden Optimierungsprobleme lassen sich im Vergleich zu üblichen Algorithmen (wie z.B. Exhaustive Search) mit Verfahren der Künstlichen Intelligenz effizienter lösen. Da Aufgaben, wie etwa die Erzeugung und Koordination von gerichteten Funkkanälen, sowie die Ortsbestimmung in Funknetzwerken typischerweise in Realzeit gelöst werden müssen, sind hier Verfahren des sogenannten »Reinforcement Learning« besonders geeignet. Hier interagiert ein adaptiver Entscheidungsalgorithmus, der »Lernende«, mit seiner »Umgebung«, welche das zu lösende Problem in geeigneter Weise repräsentiert. Durch ein problemspezifisches Belohnungssignal ist der Lerner in der Lage, seine Entscheidungsstrategie so Schritt für Schritt zu verbessern.  

Wir forschen daran, solche Reinforcement-Learning-Algorithmen durch das Einbeziehen von Quantenrechnern effizienter umzusetzen. Auch wenn es bereits einige theoretische Vorschläge zur Umsetzung von Quantum Reinforcement Learning gibt, welche z.B. auf Quantenalgorithmen zur Amplitudenverstärkung basieren, sind die zu erwartenden Laufzeitbeschleunigungen moderat und die Anforderungen an existierende Quantenhardware typischwerweise noch zu hoch. Daher werden in BayQS auch hybride Quantenalgorithmen und Quantum Machine Learning-Ansätze erprobt und entwickelt. Damit kann bereits mit aktueller Quantenhardware, die durch kleines Quantenvolumen (d.h. wenige Qubits und hohe Fehlerraten bei der Algorithmenausführung) charakterisiert ist, Verbesserungspotential zur Lösung von Optimalsteuerungs- und Entscheidungsproblemen ausgelotet werden.

Mehr Informationen zu unserem aktuellen Angebot im Bereich Quantum Machine Learning für Industriepartner finden sie hier.

Fraunhofer AISEC

Am Projekt BayQS sind die Frauhofer-Institute AISEC, IKS und IIS sowie die LMU München, die TU München sowie das Leibniz-Rechenzentrum München beteiligt. Mehr Informationen zum Gesamtprojekt finden Sie hier:

BayQS bei AISEC

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