Quantencomputer meets Quantenchemie: KI-gestützte Verfahren verbessern Molekülforschung

Das Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS startet gemeinsam mit der Universität Augsburg im Rahmen des Munich-Quantum-Valleys das Leuchtturmprojekt KID-QC^2. Ziel des Projekts ist, durch die Erforschung von Methoden der Künstlichen Intelligenz (KI) die Leistungsfähigkeit von Quantencomputern zu steigern. Am Beispiel der Simulation und Vorhersage von Eigenschaften und Reaktionen quantenchemischer Molekülzusammenhänge soll die Nutzung von Quantenhardware untersucht und optimal genutzt werden.

Die Quantenchemie arbeitet an der Schnittstelle zwischen Physik und Chemie und konzentriert sich auf molekulare Systeme, d.h. sie beschreibt Moleküle und deren Reaktionsfähigkeit. Die Verwendung von Quantencomputern verspricht hier bei bestimmten Berechnungsproblemen schneller und genauer zu einem Ergebnis zu kommen, z.B. bei der Simulation von Molekülreaktionen.

KI unterstützt Quantencomputing

KI-Verfahren eignen sich besonders dann, wenn bei Simulationsprozessen oder Vorhersagen eine präzise mathematische Modellierung schwierig bzw. unmöglich ist, die Erzeugung von Daten aber mit geringem Aufwand durchgeführt werden kann. Hier setzt das Projekt KID-QC^2 (KI-gestütztes Design für skalierbare, effiziente und hoch strukturierte Quantenschaltkreise für Quantenchemie) mit Methoden der Künstlichen Intelligenz an. In Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Quantenalgorithmik der Universität Augsburg werden die Experten des Fraunhofer IIS den Einsatz von KI-Methoden erforschen, die das Design von Quantenschaltkreisen – also die zeitlichen Abfolgen von elementaren Quantenrechenoperationen – für quantenchemische Berechnungen spezieller Anwendungen und Hardwareplattformen automatisieren und optimieren.

»Durch Prof. Dr. Jakob Kottmann von der Universität Augsburg haben wir im KID-QC^2-Projekt die Möglichkeit, zusammen mit einem Experten auf dem Gebiet der Quantenalgorithmik für chemische Anwendungen zusammenzuarbeiten. So können wir unsere KI-gestützten Werkzeuge zielgerichtet für diese Anwendungen weiterentwickeln. Damit bereiten wir den Weg, um mit dem Einsatz von Quantencomputern beispielsweise Berechnungen genauer durchführen zu können«, sagt Dr. Daniel Scherer, Senior Scientist und Programm-Manager für Quantencomputing am Fraunhofer IIS.

Die Kombination aus KI und Quantenalgorithmik macht es passend

Bisher setzte man bei der Berechnung und Simulation dieser quantenchemischen Systeme auf eine Vielzahl von klassischen Rechenverfahren. Mit steigender Komplexität und wachsenden Korrelationen der molekularen Systeme stoßen diese klassischen Berechnungsverfahren jedoch an ihre Grenzen. Berechnungsverfahren, die auf den Einsatz von Quantencomputern zurückgreifen, können hier eine Lösung bieten.

Um die Quantenhardware optimal für die Erforschung von chemisch-physikalischen Systemen zu nutzen, sind häufig große Optimierungsprobleme zu lösen. Das heißt, dass es beispielsweise bei der Überführung einer Rechenoperationsbeschreibung in eine auf einem Quantenrechner ausführbaren Befehlsreihenfolge zu Problemen kommt, die das Rechenergebnis verfälschen können. Aktuell verfügbare Quantencomputer weisen nämlich noch starke Limitierungen auf. Sie lassen den Einsatz von Quantencomputing basierten Berechnungsverfahren für quantenchemische Fragestellungen z.B. für die Reaktionsweise eines Wasserstoffmoleküls in einem chemischen Prozess bisher nicht im großen Maßstab zu. So ist einerseits die Anzahl an zur Verfügung stehenden Qubits begrenzt, zum anderen können aufgrund der fehleranfälligen Quantenhardware nur wenige elementare Quantenrechenoperationen ausgeführt werden. Zwar wurden bereits »handgemachte« Lösungsverfahren entwickelt, die aber aufgrund der zeitaufwändigen und fehlerbehafteten Vorgehensweise häufig nicht die optimale Lösung bieten. Zudem können sie nur schwer z.B. an die Charakteristika der jeweiligen Hardware wie Rechenkapazität, Berechnungsabfolge oder Komplexität angepasst werden.

Zum Projekt

Das KID-QC^2-Projekt wird mit 1,03 Millionen Euro als Leuchtturmprojekt des Munich Quantum Valleys vom Bayerischen Staatsministerium für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie gefördert und läuft bis Ende 2026. Das Fraunhofer IIS leitet dieses Konsortium und bringt seine Expertise für KI-Methoden und für die Entwicklung von Software-Werkzeugen für Quantencomputer ein. Der Lehrstuhl für Quantenalgorithmik an der Universität Augsburg trägt die innovativen quantenalgorithmischen Verfahren für quantenchemische Berechnungen bei.