DVB-S2X Demodulator-IP für professionelles Equipment

DVB-S2 wird weit verbreitet eingesetzt für Internet via Satellit im User-Downlink und für viele interaktive oder professionelle Peer-to-Peer-Netzwerke. Der Standard wurde bereits in den frühen 2000er Jahren entwickelt und spezifiziert. DVB-S2X ist die 2014 standardisierte und abwärtskompatible Erweiterung von DVB-S2. Sie erlaubt eine höhere Bandbreiteneffizienz und enthält zusätzliche Features, die neuartige Anwendungen im professionellen Receiver- und Modulator/Demodulator (MODEM) Markt ermöglichen und vorantreiben.

Jährlich starten weltweit dutzende Satelliten ins All und stellen Terabytes an Datenkapazität zur Verfügung. Der Großteil dieser Kapazität steht für das Satellitenfernsehen (Direct-to-Home, DTH) zur Verfügung, ein weiterer Teil für die wachsende Nachfrage an Breitbandinternet via High-Troughput-Satelliten (HTS). Professionelles Equipment kommt dabei zum Beispiel in den Bereichen In-Flight-Entertainment und -Konnektivität sowie im militärischen Bereich zum Einsatz. Üblicherweise werden professionelle Geräte zusammen mit angemieteter Transponder-Bandbreite genutzt. Die Anwendungen variieren von der Anbindung entlegener Standorte über Backhauling im Mobilfunk bis hin zur professionellen Sende- und Empfangseinrichtung für die Berichterstattung.

Durch den Übergang von DVB-S2 zu DVB-S2X wird der neue Standard verstärkt zum »Must have« für Gerätehersteller. Im Folgenden beschreiben wir

  • warum es sich lohnt, eine bestehende Modemplattform mit DVB-S2X zu erweitern,
  • wo die Herausforderungen bei der Implementierung von DVB-S2X liegen, und
  • wie die am Fraunhofer IIS verfügbaren Technologie- und IP-Lösungen für DVB-S2X in die Produktentwicklung einfließen können.

Der Fokus liegt auf den Anforderungen der Gerätehersteller, die auf dem Satellitenmarkt oder auch auf anderen Märkten aktiv sind und sich aktuell mit der Frage befassen, wo und wie ihre Produkte um DVB-S2X erweitert werden können.

Warum DVB-S2X für professionelle Modems?

Satellitenkommunikation ist vielseitig: Sie versorgt abgelegene Regionen mit einzelnen Kommunikationslinks, gleichzeitig stellt sie die gesamte Backbone-Technologie für das Satellitenfernsehen zu Hause bereit. Verglichen mit terrestrischen oder drahtlosen Konkurrenztechnologien spielt die Satellitenkommunikation ihre Vorteile immer dann aus, wenn eine alternative Infrastruktur technisch nicht realisierbar, noch nicht vorhanden oder mit immensen Kosten pro Standort verbunden ist.

Die Vorteile durch DVB-S2X machen sich in diesen Fällen doppelt bemerkbar:

  • Verbesserte Leistungsfähigkeit und Bandbreiteneffizienz für mehr Kapazität bei gleicher Bandbreite oder – umgekehrt betrachtet – zu geringeren Kosten pro »Bit«
  • Zusätzliche Features für stabilere Kommunikationsverbindungen oder neue Anwendungen und Nutzungsszenarien

Anwender aus der Industrie, der Telekommunikationsbranche und speziell auch aus dem militärischen Bereich setzen auf Standardisierung, um die Geräte verschiedener Anbieter kombinieren zu können. Mittelfristig benötigt das heutige DVB-S2-Equipment eine Erweiterung um DVB-S2X, um in Ausschreibungen die erforderlichen Anforderungen zu erfüllen.

Für Anbieter professionellen Equipments bringt DVB-S2X sowohl die Chance mit sich, zusätzliche Modems zu verkaufen, als auch die Herausforderung, eine weitere Technologie zu integrieren und die Produkte entsprechend zu validieren. Früher oder später führt das zur Entscheidung »make or buy«, gefolgt von Überlegungen hinsichtlich der Risiken, des Investments, des Zeitplans und der Chancen am Markt.

Was macht den Unterschied beim DVB-S2X-Modem?

Abbildung 1 zeigt ein Blockdiagramm eines üblichen DVB-S2X-Receivers. Die Komplexität und Bandbreite des Receivers ist vor allem von der maximal unterstützten Trägergröße im analogen Frontend abhängig. Die Unterstützung höherwertiger Modulationsarten (z. B. 16APSK bis 256APSK) erfordert eine sorgfältige Kontrolle der Bitbreite im Datenpfad, um das Quantisierungsrauschen zu minimieren. Dazu gehören komplexe Algorithmen im »Demapper«, die fein abgestufte Log-Likelihood Ratios (LLR-Werte) für die nachfolgende Verwendung im LDPC-Decoder generieren. LDPC-Decodierung ist ein iterativer Prozess, bei dem sich der Decoder nach einer Reihe von Iterationen dem Optimum annähert. So kann er auch bei einem stark verrauschten und gestörten Eingangssignal quasi-fehlerfreie Daten liefern. Es gibt zahlreiche Optionen für die Umsetzung eines LDPC-Decoders. Dazu gehören Strategien wie die frühzeitige Beendigung bei gutem Eingangssignal oder zur Parallelisierung des Decodierungsprozesses, der dadurch beschleunigt wird, um mit einem minimalen Einsatz an Ressourcen den geforderten Durchsatz zu erreichen.

Die Ressourcen, die innerhalb des Modulators benötigt werden, sind nicht so stark von der unterstützten Trägergröße und dem Modem-Durchsatz abhängig, wie das beim Demodulator der Fall ist. DVB-S2X verwendet die gleiche Frame-Struktur in der Übertragungsschicht und die gleichen Signalisierungsfelder wie der Vorgänger DVB-S2. Zudem überträgt DVB-S2X Superframe-Daten in DVB-S2-Datenframes. So betrifft die DVB-S2X-spezifische Signalisierung der Superframe-Struktur vor allem höhere (Software-) Schichten des Modems.

Generic DVB-S2X Receiver
© Fraunhofer IIS
Abb. 1: Blockdiagramm eines üblichen DVB-S2X-Receivers

Die richtige Implementierungslösung finden

Neben dem Ressourcenverbrauch und dem maximalen Durchsatz ist die Wahl der richtigen Features für ein Produkt und den entsprechenden Zielmarkt von erheblicher Bedeutung. Die Vielzahl der Features und die vielen möglichen Zielanwendungen und Services bringen Herausforderungen bei der Umsetzung des DVB-S2X-Standards mit sich, was der Standard selbst in seiner Komplexität und Größe zunächst nicht vermuten lässt. Je nach Anwendung gibt es vorgegebene, optionale, aber auch nicht anwendbare Features.

Ein Receiver-Hersteller muss nicht nur entscheiden, welche Features umgesetzt oder validiert werden sollen, sondern auch, welche Kompromisse zwischen Durchsatz, Komplexität bzw. Preis der Plattform und Umsetzungsverlusten gemacht werden können. Dabei gibt es keine Standardlösung – ein professioneller Receiver, der 100 Mbps unterstützt und dabei einen »Leased Bandwidth«-Transponder und eine leistungsfähige Antenne am Boden nutzt, unterscheidet sich von einem mobilen Receiver mit kleiner Empfangsantenne. Beide Ausführungen unterscheiden sich wiederum stark von einem Receiver, der für die Verarbeitung eines 500 MHz-Trägers ausgelegt ist und bei gutem Signal-Rausch-Verhältnis mehr als 2000 Mbps verarbeiten muss.

Aktuell auf dem Markt verfügbare DVB-S2X-Chips sind für den Gebrauch in DTH-Receivern bestimmt. Als solche sind sie eingeschränkt im Output, im Durchsatz und in der Zahl der verfügbaren Datenkanäle. Wie bei DVB-S2 zu beobachten, ist das Angebot an reinen Modem-Chips rückläufig, da das Satellitenmodem sich zu einem Bestandteil eines größeren »System on Chip« (SoC) gewandelt hat. Da SoCs in hoher Stückzahl und für den Einsatz in Consumer-Produkten gefertigt werden, ist die Integration in professionelles Spezialequipment sowohl in technischer als auch in wirtschaftlicher Hinsicht häufig nicht sinnvoll.

Eine Alternative zu fertigen Chips stellt die Integration von DVB-S2X-IP in FPGAs dar. Viele professionelle Modems sind ohnehin »Software defined« und nutzen dabei konfigurierbare FPGA-Hardware für die Signalverarbeitung. Ein gewisses Angebot an DVB-S2X-IP ist auf dem Markt bereits erhältlich. Allerdings steckt die wahre Herausforderung in der Anpassung der IP an die Anforderungen eines Produkts und die verfügbaren Ressourcen des Modems ohne dabei inakzeptable Zugeständnisse in Sachen Durchsatz und Leistungsfähigkeit machen zu müssen.

Der Weg zur richtigen DVB-S2X-Umsetzung

Ein umfassendes Verständnis der DVB-S2X-Technologie, der Marktanforderungen und der Zielanwendungen und ihrer Grenzen ist entscheidend für die richtige Wahl der Features und für die Entwicklung eines einzigartigen und erfolgreichen Produkts. Als Hersteller professioneller Geräte können Sie von der Erfahrung und dem Know-how des Fraunhofer IIS profitieren. Wir unterstützen Sie gerne bei der Bewertung von DVB-S2X als Erweiterung Ihres Produktportfolios und beim detaillierten Entwurf der DVB-S2X-Features und Einsatzmöglichkeiten Ihres Produkts.

Die Implementierung des DVB-S2X-Standards kann schnell Personalressourcen im Umfang mehrerer Personenjahre binden – ohne die tiefgehende funktionale Validierung und Optimierung der Decoder-Leistung. Der Einsatz einer validierten und im Praxistest bewährten Implementierung minimiert technische und zeitplanmäßige Risiken. Kontaktieren Sie uns, wenn Sie an einer praxisgetesteten FPGA-basierten Receiver-Implementierung interessiert sind. Gerne erörtern wir die geeigneten Anpassungen und Skalierungen und evaluieren die Passung und Leistungsfähigkeit von DVB-S2X im Zusammenspiel mit Ihrer bestehenden Hardware-Plattform.

Eine schnelle Produkteinführung ist essentiell, damit sich die Investition lohnt und ein Vorsprung am Markt gesichert bleibt. Das Fraunhofer IIS bietet dafür eine einfach verfügbare DVB-S2X-Receiver-Implementierung (kompatibel mit DVB-S2X Annex-E: Super-Frame-Format 4). Sie kann schnell an verschiedene Produkte und Durchsatzanforderungen angepasst werden – bis zur maximal durch DVB-S2X unterstützten Bandbreiteneffizienz und für Träger mit bis zu 500 MHz Bandbreite. Für unsere Lösungen bieten wir flexible Lizenzierungsoptionen an.

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