Klar ist angesichts des breiten Aromaspektrums, den vielfältigen Einflussmöglichkeiten und dem feinen Zusammenspiel der Wahrnehmungsorgane, wie komplex die Welt der Kaffeearomen ist. Hinzukommt eine fast banale Schwierigkeit – nämlich die internationale Kommunikation über die Aromen: »Nehmen wir zum Beispiel an, wir wollen einen fruchtigen Kaffee und wünschen uns eine johannisbeerige Note. Das Anbauland, mit dem wir kommunizieren, hat aber vielleicht ein anderes Verständnis davon, wie eine Johannisbeere schmeckt, oder im schlimmsten Fall gibt es diese Frucht dort noch nicht einmal. Umgekehrt kennen wir die Obstsorten, die sie für die Beschreibung nutzen, vielleicht nicht. Eine technische Analyse könnte mehr Klarheit und Standardisierung in den internationalen Handel bringen.« Eine so präzise Analyse von Kaffeearomen gibt es derzeit noch nicht, aber der Arbeitsgruppe Digital Sensory Perception am Fraunhofer IIS ist es immerhin schon gelungen, einen Kaffeeklassifikator zu entwickeln, der Kaffees bestimmter Sorten und Hersteller aufgrund des Gasprofils unterscheiden kann.
Robusta oder Arabica? – Der Kaffeeklassifikator weiß es!
Der Kaffeeklassifikator nutzt die KI-basierte Gasanalyse. Dazu braucht es einen Gassensor. In diesem Fall kommt zu Testzwecken ein Metalloxid-Sensor (MOX) zum Einsatz, der eine Option neben verschiedenen Sensorarten ist. Teresa Scholz, Senior Scientist in der Arbeitsgruppe Digital Sensory Perception erläutert: »Als erstes müssen wir Daten der Gase von verschiedenen Kaffeesorten aufnehmen und dann sagen wir dem Algorithmus ‚Das ist genau diese Marke, diese Sorte‘ und so weiter.« Damit diese Zuordnung in Zukunft auch automatisch mit möglichst geringer Fehlerwahrscheinlichkeit gelingt, reichen nicht nur ein paar Fälle, sondern es sind große Mengen von Daten erforderlich. Dieser Aspekt macht auch klar, warum es sich schwierig gestalten würde, eine genaue Gasanalyse für jede einzelne Aromafacette zu entwickeln. Während schon für die vier ausgewählten Hersteller und Sorten große Datenmengen notwendig sind, kann man sich leicht vorstellen, welche Unmengen an Daten notwendig wären, um eine zuverlässige Analyse sämtlicher Aromen anzubieten.
»Die Frage ist immer: Kann die Gassensorik für den gewünschten Anwendungsbereich Ergebnisse in ausreichender Qualität liefern und rentiert sich die Anwendung der Gasanalyse preislich gegenüber herkömmlichen Verfahren.«
– Gruppenleiter Sebastian Hettenkofer
Von der Kaffee-Qualitätskontrolle bis hin zu Rauchmeldern – Anwendungsfelder der Gassensorik
Ein realistisches Anwendungsfeld der KI-basierten Gasanalyse liegt in der Qualitätskontrolle, zum Beispiel um festzustellen, ob eine Lieferung tatsächlich die Kaffeesorte enthält, die bestellt wurde. Darüber hinaus gibt es vielfältige Einsatzmöglichkeiten außerhalb des Kaffee-Universums. Im Projekt PINOT kommt die Gasanalyse zum Einsatz, um Winzer und Kellermeister bei der Qualitätssicherung von Geruch, Geschmack und Textur von Weinen zu unterstützen. Auch zur Anwendung in speziellen Rauchmelder wäre diese Technologie denkbar. Das zeigt: Die Einsatzmöglichkeiten der KI-basierten Gasanalyse sind so vielfältig wie die Welt der Kaffeearomen selbst.